Zum typischen Ablauf der Implementierungsphase, Tipps zu Kick-off Meeting, Vorgangsweise bei Problemen mit den Lieferanten.

Ablauf einer Implementierungsphase

Die Aufgaben in der Implementierungsphase

  1. Feinspezifikation und Detail-Projektplanung erarbeiten
  2. Basis-Installation der IT-Lösung durchführen
  3. Konfiguration der IT-Lösung durchführen
  4. Tests und ggf. Test-Betrieb durchführen
  5. Formelle Abnahme der IT-Lösung
  6. Ggf. Geschäftsprozesse anpassen
  7. Schulung der User durchführen
  8. IT-Lösung produktiv setzen (Go-Live)

Projektmanagement in der Implementierungsphase

Projektleitung

Überlegen Sie, ob Sie die Projektleitung während der Implementierung dem Lieferanten überlassen oder diese selbst übernehmen wollen.

Liegt die Hauptarbeit für die Implementierung beim Lieferanten, dann ist es ausreichend, wenn Sie als Auftraggeber den Fortschritt im Überblick beobachten und nur dann einschreiten, wenn das Projekt aus dem Ruder läuft (Projekt-Controlling).

Sollten die Implementierungsarbeiten auf mehrere Lieferanten verteilt sein, dann sollte der Projektleiter aus ihrem Unternehmen kommen oder ein neutraler externer Projektleiter diese Aufgabe übernehmen.

Einsatz von Projektmanagement Tools

Projektmanagement-Methoden und Tools helfen die Implementierung zu planen, den Ablauf zu koordinieren und den Überblick zu behalten.

Umgang mit Veränderung – Change Management

Sollten Sie das bisher noch nicht berücksichtigt haben, dann kümmern Sie sich spätestens jetzt um die Ängste und Sorgen der Mitarbeiter, den ein IT-Projekt bedeutet Veränderung.

Anforderungsänderungen in der Implementierungsphase

In fast jedem IT-Projekt werden während der Implementierung Anforderungen geändert oder weitere hinzugefügt.

Das liegt daran, dass in der Feinspezifikationsphase nicht jedes Detail bedacht oder auch richtig entschieden werden kann. Oft gibt es im Projektteam auch ein unterschiedliches Verständnis von der gewünschten Lösung, welches erst ans Licht kommt, wenn die IT-Lösung konkrete Formen annimmt.

Sorgen Sie daher für etwas Budget und Zeit-Puffer im Projektplan (siehe Detailplanung in der Feinspezifikationsphase).

Project Changes

Es ist eine gute Praxis, alle Abweichungen vom Pflichtenheft als Project Change (oder Change Request) zu dokumentieren.

Änderungen, welche den Leistungsumfang nicht wesentlich verändern, werden von den Lieferanten in der Regel kostenlos akzeptiert.

Neue Anforderungen können jedoch zu deutlichem Mehraufwand führen, womit der Lieferant zusätzliche Abgeltung fordern wird.

Tipps für die Entscheidung, ob eine Änderung im Projekt umgesetzt wird:

  • Änderungen, welche für die Brauchbarkeit der Lösung erforderlich sind, müssen umgesetzt werden (Must-have).
  • Kleinere Änderungen, die nicht unbedingt notwendig aber sinnvoll sind (Nice-to-have), können Sie im Projekt umsetzen, wenn Budget und Zeitrahmen es zulassen.
  • Alle anderen Änderungswünsche stellen Sie auf eine Task-Liste für die Nachprojektphase.

Prozess für Umgang mit Project Changes

Vereinbaren Sie mit dem Lieferanten den Umgang mit Änderungen in der Implementierungsphase, z.B.:

  • Schriftliche Zusammenfassung der gewünschten Änderung (Change Request)
  • Evaluation der Auswirkungen, möglicher Lösungswege und des Mehraufwandes durch den Lieferanten
  • Entscheidung des Auftraggebers für die Umsetzung eines Lösungsweges
  • Dokumentation der Entscheidung als Beilage zum Vertrag

Kick-off Meeting zum Start der Implementierungsphase

Vor Beginn der Implementierungsarbeiten sollten sich alle Beteiligten der Implementierungsphase treffen, um ein persönliches Kennenlernen zu ermöglichen und die Vorgangsweise für die Implementierung abzustimmen.

Sollten während der Implementierung über das Projektteam hinaus weitere Mitarbeiter eingebunden werden (z.B. Key-User), so laden Sie diese ebenfalls zu diesem Meeting ein. Damit bekommen diese einen Überblick über das Projekt und ihre Aufgaben.

Vorschlag für die Meeting-Agenda:

  • Vorstellung des Projektteams
  • Wiederholung der Projektziele und der wesentlichen Inhalte des Projektauftrags
  • Kurze Vorstellung der ausgewählten IT-Lösung, sofern diese manchen Teilnehmern noch nicht bekannt ist
  • Vorgangsweise zur Implementierung
  • Zeitplan zur Implementierung
  • Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Beteiligten
  • Nächste Schritte planen (Task-Liste)
  • Projekt-Spielregeln vereinbaren
  • Kommunikationsstrategie und Rhythmus der Projektteam-Meetings vereinbaren

Anpassung der Geschäftsprozesse

Durch die Implementierung der neuen Lösung kann eine Anpassung der Geschäftsprozesse notwendig werden bzw. sinnvoll sein.

Dafür müssen der Prozessverantwortliche und Prozessmanager in das Projekt eingebunden werden.

Weitere Tipps dazu finden Sie unter Geschäftsprozess-Management.

Probleme mit dem Lieferanten

Probleme mit IT-Lieferanten kommen leider öfters vor, weil die Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Wie Sie mit Lieferverzögerungen, Fehler/Bugs und mangelhaftem Support umgehen können.

Rechtsbeistand
Sie sollten möglichst früh einen Rechtsanwalt bzw. Juristen hinzuziehen, wenn es zu Streitigkeiten mit dem Lieferanten bzw. Vertragserfüllung kommt. Er kann Sie hinsichtlich Ihre rechtlichen Möglichkeiten und Chancen beraten. Auch ist es wichtig, die Situation objektiv zu bewerten, wobei ein Rechtsanwalt als Dritter in der Runde eine gute Hilfe ist.

Lieferverzögerungen

Lieferverzögerungen sind sehr typisch in IT-Projekten, vor allem wenn Software-Entwicklung damit verbunden ist.

Die Ursache für die Verzögerung zu verstehen ist sehr wichtig, damit Sie als Auftraggeber richtig reagieren können. Betrachten wir im folgenden ein paar mögliche Gründe.

Der Lieferant möchte den Vertrag erfüllen, aber es hindern ihn technische oder logistische Probleme daran.

Als Auftraggeber können Sie hier davon ausgehen, dass das doch noch alles geliefert wird und es „nur“ einen Einfluss auf die zeitliche Verfügbarkeit der neuen IT-Lösung hat.

Der Lieferant ist in einer schlechten wirtschaftlichen Situation, welche ihn an der Weiterarbeit hindert

Als Auftraggeber müssen Sie herausfinden, wie die Chancen stehen, dass der Lieferant den Vertrag doch noch erfüllt. Eventuell sind die Probleme nur vorübergehend. Arbeiten Sie einen Plan-B aus, um für den Fall dass der Lieferant nicht liefert gewappnet zu sein.

Der Lieferant arbeitet nicht, da der Vertrag ein Negativ-Geschäft ist

Als Auftraggeber sind Sie in dieser Situation in der besseren Situation, da der Lieferant vertragsbrüchig wird. Bedenken Sie jedoch, dass ein Rechtsstreit sehr viel Zeit, Aufwand und Kosten bedeutet.

Daher sollten Sie, sofern das Projekt schon weit fortgeschritten ist, erst mit dem Lieferanten über die Fortsetzung verhandeln. Wenn die Bedingungen für Sie annehmbar sind, dann sollten Sie sich auf einen Kompromiss einlassen.

Der Lieferant will mit Change Requests den Preis der Lösung nach oben treiben

Der Lieferant ist in der Lage den Vertrag zu erfüllen, möchte jedoch seinen Erlös verbessern bevor die Lösung fertiggestellt ist.

Change Requests sind Änderungen bzw. Erweiterungen des Vertrags und als Auftraggeber müssen Sie beurteilen können, ob der Change Request gerechtfertigt ist. Wenn der Change Request aus Ihrer Sicht ungerechtfertigt ist, sollten Sie dem Lieferanten schriftlich widersprechen.

Wenn der Change Request gerechtfertigt ist, dann können Sie:

  • den Change Request bestellen
  • den Change Request ablehnen und auf die damit verbundene Funktionalität zu verzichten

Nicht anerkannte Mängel

Sie finden einen Fehler in der gelieferten IT-Lösung und melden diesen an den Lieferanten: Sollte nun der Lieferant der Meinung sein, dass es sich um keinen Fehler bzw. Mangel handelt („it’s a feature, not a bug“), dann können Sie wie folgt vorgehen.

Feature oder Bug?

Mit Ihrer Dokumentation zur Auswahl der IT-Lösung (Angebot, Verhandlungen, Liefervertrag) und ggf. dem Pflichtenheft prüfen Sie, ob ein Mangel vorliegt:

  • Widerspricht das problematische Verhalten der Dokumentation?
  • Welche Anforderung ist damit nicht erfüllt?
  • Welche Vereinbarung ist damit verletzt?

Prüfen Sie auch, ob dieser Fehler bereits einmal bemängelt wurde und was in weiterer Folge damit passiert ist.

Nach dieser Prüfung haben Sie hoffentlich handfeste Argumente für die Durchsetzung der Mängelbehebung.

Kein Mangel?

Sollte die Prüfung ergeben, dass keine schriftliche Vereinbarung verletzt wurde, bleibt Ihnen ggf. noch das Argument, dass das nicht dem Industriestandard („state-of-the-art“) entspricht. Das ist allerdings eher ein schwaches Argument und meist schwer beweisbar.  

Besonders problematisch ist jedoch, wenn die nun bemängelte Funktion während der Implementierungsphase bereits im Detail getestet und ohne dokumentierten Mangel abgenommen wurde. Mit Abnahme haben Sie das akzeptiert.

Sie können dann immer noch versuchen,

  • eine kulante Behebung zu erreichen
  • eine Teilung der Kosten zu vereinbaren
  • das als Änderungswunsch für eine zukünftige Software-Version anzumelden

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